(Oskar Sala, Gespräch vom 1. September 1989)
Wie war denn das mit den Parsifalglocken; Sie sind ja immer mit Ihrem Instrument nach Bayreuth gefahren. Und mit den Riesen-Lautsprechern.
Und das alles für einen im Grunde doch recht kleinen Auftritt. Jörg Mager soll ja zu Beginn der Dreißiger Jahren diese Glocken als erster elektronisch gemacht hat? Das wären ja dann die Aufführungen gewesen, die Toscanini dirigiert hat… Das weiß ich nicht genau. Da habe ich nichts von gehört. Da kann ich nichts dazu sagen.
Uns haben Sie die schönen großen Gongs gezeigt, die der große Richard da eingerichtet hat, diese Kesselfässer; jedenfalls, ein eindrucksvoller Lärm wird das schon gewesen sein. Nur vielleicht nicht das, was der Meister gerade notiert hatte. Hauptsache laut, dass da etwas klingt. Aber wir hatten nicht Hauptsache laut, sondern Hauptsache tief, unter den Bässen musste das durchkommen. Manche Szenen waren auf diese Weise sehr wirkungsvoll. Am wirkungsvollsten war es einmal mit Jochum ((Eugen Jochum, 1902-1978, dirigierte 1971-1973 den Parsifal bei den Bayreuther Festspielen.)), einfach toll. Der hat natürlich gemerkt, was die Glocken können und hat das Orchester hochgedonnert, da haben wir einen orgiastischen Zwischenakt hingelegt, einfach unglaublich. Der Saal bebte! Ja, die Glockenpartie ist zwar sehr beschränkt was das Tonale anlangt, aber es ist für den Spieler doch eine ganz schöne Nervenprobe. Man sitzt ja mit diesen Dingern am Schluss des ersten Aktes völlig allein da, wenn da ein Tönchen daneben geht… und gerade noch der letzte, der verklingt… das ist schon eine Nervensache.
Einmal ist etwas passiert, das war unter Herrn Wolfgang Ägide, der zu mir gesagt hat, »na hören Sie mal, Sie hängen mit ihrem Instrument immer am städtischen Netz«. »Ja« frage ich, »ist das nicht gut?« – »Ja wir haben da doch was viel besseres, wir haben einen eigenen Dynamo und den sollten Sie benutzen, das ist besser«. Ich Dussel habe das ohne Probe vorher gemacht, habe mir seinen Strom aus seinem Dynamo geben lassen, und nun können Sie sich denken was passiert ist, als der Zwischenakt kam: Der eiserne Vorhang geht runter, die Bühne taghell und die Umbauten gehen los. Was macht seine Spannung? Die ist natürlich unten. Ich hatte vorher eingestimmt, Knappertsbusch ((Hans Knappertsbusch, 1888-1965, dirigierte 1951/52 und 1954-1964 den Parsifal bei den Bayreuther Festspielen.)) gibt den Einsatz, ich schaue hin zu Ihm… nichts konnte ich machen, es hatte gar keinen Zweck schlechte Töne zu machen. Da war bei mir die Spannung abgesunken, die ganze Stimmung weg, ich konnte den Part nicht spielen. Darauf hin habe ich einen solchen Wutanfall bekommen, nicht gegen Herrn Wolfgang, aber wenn ich nicht noch einmal meine städtische Steckdose bekomme, und jemand murkst da dran rum, dann reise ich sofort ab. Da hatte ich dann meinen städtischen Strom und dann ist nichts mehr passiert. Aber da kann man Nerven lassen, da habe ich einen solchen Wutanfall bekommen, da bin ich laut schimpfend in mein Hotel gegangen. So ein Saustall. Ich war am Ende meiner Geduld. Das ist ja ein ganz schöner Aufwand den er da treibt, das muss er doch wissen der gute Wolfgang, dass das sein Dynamo nicht durchhält, wenn das alles da dranhängt. Gut, die Maschine sah gut aus, aber war doch so ein kleines Ding, da kann kein städtisches Netz mitkommen. Nur mit dem Aussehen ist es nicht getan. Jedenfalls, es war ein Trauerspiel. Und ich weiß nicht warum ich so dämlich war, mich vorher nicht selbst davon zu überzeugen. Nun,der Großmeister muss doch wissen, was er hat, wenn er mir das sogar extra empfiehlt. Es war das einzige Mal das irgendetwas passiert ist, sonst ging immer alles gut.